Im Rahmen der Weiterentwicklung des VRF-Zertifizierungsprogramms (Variable Refrigerant Flow) hat eine Überprüfung der für die Zertifizierungskampagne 2019 getesteten VRF-Geräte ergeben, dass viele Geräte einen sehr hohen Luftstrom aufweisen. Trotz der strengen Zertifizierungs- und Überwachungsvorschriften des Programms zeigte sich, dass einige Geräte möglicherweise einen überhöhten Luftstrom zur Leistungssteigerung nutzen. Um diese Art der Umgehung der Zertifizierungsvorschriften zu vermeiden, beschloss der Zertifizierungsausschuss, für den Luftstrom jedes Innengeräts einen Grenzwert von 275 m3/h/kW anzuwenden. Diese Entscheidung basiert auf wissenschaftlichen Studien über die erforderliche Leistung von HLK-Systemen zur Gewährleistung der Entfeuchtung und der Komfortanforderungen.

Literaturübersicht

Die internationalen Normen im HLK-Sektor werden ständig geändert und um neue Maßnahmen zur Verbesserung der Komfortbedingungen in klimatisierten Gebäuden ergänzt. Daraus ergeben sich eine Reihe von Grenzwerten für die Auslegungsparameter eines VRF-Systems, wie z. B. das sensible Wärmeverhältnis (SHR), der Bypassfaktor (BF), der Luftdurchsatz (AF) usw.

Die Komfortbedingungen von HLK-Anlagen werden in der Literatur eingehend untersucht, insbesondere die Feuchtigkeitsbedingungen. Im Rahmen eines kürzlich durchgeführten ASHRAE-Forschungsprojekts wurde der Entfeuchtungsgrad in verschiedenen Gewerbegebäuden (einschließlich Büros, Schulen, Restaurants und Einzelhandelsgeschäften) untersucht. Die sensiblen Wärmeverhältnisse wurden für jede Jahreszeit berechnet, in der die Klimaanlage eingeschaltet war und die Gebäudebelegung über Null lag. Die Studienergebnisse wurden erzielt, indem die SHR-Grenze auf SHR<0,82 bei 100 % Last und SHR<0,85 bei 75 % festgelegt wurde.

Der Bypass-Faktor des Wärmetauschers wurde ebenfalls nach ASHRAE [1] unter den Bedingungen des Air-conditioning and Refrigeration Institute (ARI) berechnet und auf einen ungefähren Bereich von 0,049 ≤BF≤0,080 festgelegt.

Während normalerweise eine Reihe von Parametern festgelegt wird, darunter die Luftstromrate des Geräts, um die Auslegungsvorlauftemperatur des Geräts zu bestimmen, haben einige Studien gezeigt, dass auch die Luftstromrate überwacht werden sollte, da sie sich direkt auf die Entfeuchtung auswirkt und daher selbst bei einer idealen Auslegungsvorlauftemperatur des Geräts kein Wärmekomfort erreicht werden kann. Murphy [2] testete den Entfeuchtungsgrad in einem Klassenzimmer unter verschiedenen Wetterbedingungen. Grundlage der Studie ist die Einstellung des Luftdurchsatzes des Kühlgeräts und die Berechnung der Vorlauftemperatur. Die Ergebnisse zeigen, dass bei einem Luftvolumenstrom von 400 m3/h/kW die relative Luftfeuchtigkeit im Klassenzimmer sowohl unter maximalen Taupunktbedingungen als auch an kühlen, regnerischen Tagen über 67 % liegt, was bedeutet, dass die Behaglichkeit im Klassenzimmer selbst bei einer Solltemperatur von 23,3 °C nicht erreicht werden kann. Entgegen der landläufigen Meinung ist der Entfeuchtungsgrad eines Klassenzimmers nämlich geringer als der eines Klassenraumes. Entgegen der landläufigen Meinung kann eine hohe Luftfeuchtigkeit in Innenräumen in fast jedem geografischen Gebiet ein Problem darstellen, nicht nur in Gebieten mit heißen und feuchten Bedingungen. Wenn auf oder in der Nähe einer kalten, porösen Oberfläche eine hohe relative Luftfeuchtigkeit herrscht, nimmt die Feuchtigkeitsaufnahme zu, und feuchtigkeitsbedingte Probleme (wie erhöhte Gesundheitsrisiken durch Schimmelbildung und vorzeitiger Austausch von Geräten und Möbeln) werden wahrscheinlich. Schließlich gibt es Möglichkeiten, die Entfeuchtungsleistung zu verbessern, beispielsweise durch eine Verringerung des Luftstroms, wodurch die Zulufttemperatur für einen bestimmten Lastzustand gesenkt wird und somit mehr Feuchtigkeit aus der Luft entfernt wird.

Mustafa [3] untersuchte speziell die Auswirkung der Luftstromrate auf die Befeuchtungsparameter. Die Ergebnisse zeigen, dass oberhalb eines bestimmten Luftstroms die Luftfeuchtigkeit mit zunehmender Luftstromstärke ansteigt.

Schließlich ergab eine Studie über verschiedene Luftstromszenarien zur Aufrechterhaltung von Innenraum-Testbedingungen von 27 °C DB und 19 °C WB, dass die Luftstromrate 247 m3/h/kW unter idealen Wärmetauscherbedingungen (BF=0) nicht überschreiten sollte [4]. Dieser Luftstrom ist für die Berücksichtigung der thermischen Behaglichkeit bei der derzeitigen Prüfmethode geeignet.

Da jedoch der realistische BF der derzeitigen Wärmetauscher eher bei 0,1 als bei 0 liegt, ist ein Luftdurchsatz von 275 m3/h/kW repräsentativer für die Entfeuchtungsbedingungen.

Entscheidung des Eurovent-Zertifizierungsausschusses

Als Ergebnis wissenschaftlicher Studien und nach vielen Sitzungen des Programmausschusses wurde beschlossen, dass der Luftvolumenstrom bei der in EN 14511-3:2018 definierten Standardluftbedingung 275 m3/h/kw für Kassetten und kanalisierte VRF-Innengeräte nicht überschreiten darf. Der Grenzwert gilt im Kühl- und Heizbetrieb und nur für Geräte über 12 kW. Diese neue Regelung gilt ab März 2021 und hat große Auswirkungen auf die Gerätepalette in den Katalogen mehrerer Hersteller für 2021. Für einige Hersteller bedeutet dies, dass neue Produktreihen auf den Markt kommen und die Produktion früherer Versionen von Innengeräten eingestellt wird. Bei anderen ist die Leistung desselben Geräts im Katalog 2021 niedriger als im Katalog 2020. In jedem Fall markiert das Jahr 2021 eine neue Ära der garantierten zertifizierten Leistung.

Referenzen

[1] ANSI/ASHRAE, "Standard Method of Test for the Evaluation of Building Energy Analysis Computer Programs" in ANSI/ASHRAE Standard 140-2001, 2004.

[2] J. Murphy, "Dehumidification Performance of HVAC Systems" ASHRAE Journal, S. 23-29, 2002.

[3] A. T. Mustafa, "EXPERIMENTAL STUDY OF AIR FLOW RATE EFFECTS ON HUMIDIFICATION PARAMETERS WITH PREHEATING AND DEHUMIDIFICATION PROCESS CHANGING" ARPN Journal of Engineering and Applied Sciences, Vol. 6, No. %19, 2011.

[5] Daikin, Berücksichtigung der thermischen Behaglichkeit bei der Überprüfung von Los 10 - Prüfung des Kühlbetriebs, 2020.

 

 

Dr. A. NOUR EDDINE